Dokumentarfilm zur Online-Tanzperformance Begrenzung

Erfahrungsbericht

Verquer – Anderwelt ist ein tänzerischer Ausflug in die digitale Welt. In eine für uns unbekannte andere Welt, denn ein im Tanzstudio begonnenes Tanzstück landete im Shutdown. Die Teilnehmerinnen konnten sich nicht mehr treffen. Gefühlt, wie ein verqueres Seil, das einen Anfang und ein Ende hat, aber nicht verlängert werden kann, es sei denn man legt ein zweites Seil daneben. Das Film- und Tanzprojekt Verquer-Anderwelt sollte das Verlängerungsseil für das begonnene Tanztheaterstück werden.

Während den monatelangen Proben, die wöchentlich filmisch festgehalten wurden entstand aus 15 Stunden Filmmaterial der beeindruckende Dokumentarfilm Verquer-Anderwelt, der die Erfahrungswelt der Tänzerinnen während der Entstehung des Tanztheaterstücks Begrenzung festhält. Er dokumentiert darüber hinaus auch die Annäherung an das neue Medium zoom mit all seinen Möglichkeiten und Hindernissen.

„Verquer – Anderwelt“ Dokumentarfilm „Begrenzung“ bei Vimeo anschauen:
https://vimeo.com/655270480

Bevor jedoch mit der künstlerischen Arbeit im digitalen Netz begonnen werden konnte, mussten die technischen Voraussetzungen für die Tanztheatergruppe geschaffen werden. Die Annäherung an das Medium zoom geschah über Tutorials im Internet, bzw. über den Austausch mit der Tanztheater-WhatsApp-Gruppe. Nicht jeder Computer und nicht jede Kamera eignete sich für das Medium zoom, sodass manche Tänzerinnen ihre Gerätschaften erst einmal aufrüsten mussten,

Die wöchentlichen Tanzproben, die gemeinsame Entwicklung, Evaluation im Austausch auf zoom, eröffneten, trotz des an sich begrenzenden Mediums, und den technischen Tücken, die manch einen schon mal zur Verzweiflung brachtet „Tanzprobe auf Zoom“, dennoch Möglichkeiten eines performativen Umgangs, in dem das Ungewohnte als Chance entdeckt wurde.

Der Blickwinkel in Bezug auf das begonnene Tanzstück „Begrenzung“ veränderte sich mit dem Medium zoom dabei grundlegend. Anstatt sich mit der Gruppe im Raum frei zu bewegen, gab es digitale Bilder, die wie Kacheln angeordnet waren, in denen sich die Tänzerinnen, in ihrem privaten Raum bewegten, der nur über die Kamera mit den anderen Teilnehmerinnen verbunden war.

Da die Begrenzung nicht nur thematisch, sondern auch räumlich war, galt es über den digitalen Weg tänzerische Bilder zu finden, die sowohl die eigene persönliche Begrenzung künstlerisch darstellten, aber auch Momente der Nähe zu den anderen Tänzerinnen zuließen, sodass trotz der Begrenzung gemeinsame Bewegungen, Emotionen, Gefühle in der Bewegung gefunden werden konnten.

So war es eine besondere Herausforderung die unterschiedlichen Kacheln und Räume der einzelnen Darstellerinnen tanzend im Blick zu haben. Auch die ständige Präsenz der Kamera, sich ständig im Blick zu haben, durch die Kachel des Bildschirms war irritierend. Nähe zu den Tänzerinnen über den virtuellen Raum aufzubauen war nicht einfach, zumal die Kacheln, mit den Räumen und Tänzerinnen, an jedem Bildschirm der Teilnehmerinnen anders, willkürlich angeordnet waren. Von daher verlor sich die Nähe oft in der digitalen Matrix.

Eine sehr inspirierende Arbeit, da die digitale Welt ganz andere räumliche Möglichkeiten, durch das Spiel mit der Kamera (Nähe und Tiefe der persönlichen Räume) zulässt, die es auf der Bühne so nicht gibt. Auch das ständige als Gruppe sichtbar sein über den Bildschirm bietet noch einmal einen anderen Blickwinkel sich, aber auch die Gruppe auf einen Blick wahrzunehmen, als Ganzes, da die Räume unveränderlich sind.

Auch wenn der digitale Raum mit all seinen Möglichkeiten interessante und künstlerisch beeindruckende, virtuelle Bilder und Welten schaffen kann, in dieser Matrix viel möglich ist, um sich persönlich auszudrücken, bleibt sie doch abstrakt und anonym. Im Präsenzbereich entwickelte Bewegungsabläufe können nicht eins zu eins in der digitalen Welt umgesetzt werden, doch schaffen sie neue Welten die durchaus künstlerisch interessant sind.

Dieses Projekt wurde gefördert von:
Landeshauptstadt München
Bezirksausschuss Schwabing – Freimann München