Bildungsgesellschaft Ritalin – Fluch oder Segen?

Seit vielen Jahren unterrichte ich das Tanz & Kreative Schreibforum, das ich vor einigen Jahren ins Leben gerufen habe. Immer wieder stoße ich auf zentral wirkende Medikamente, die Kindern helfen soll, sich besser zu konzentrieren. Verschiedene Ereignisse, die sich innerhalb meines Unterrichts ereignet hatten, erweckten in mir das Interesse mich stärker mit dem Thema zu befassen.

Was ist dran an der Wunderwaffe – gegen ADHS, ADS und andere Aufmerksamkeitsstörungen?

Um das herauszufinden ist es wichtig zu wissen wie zentral wirkende Stimulanzien wirken.

Bei der Einnahme wird die Freisetzung von Dopamin erhöht. Dadurch kommt es zu einer unmittelbaren klinischen Wirkung. Ähnlich eines Schocks. Ein überaktives Kind ist in der Lage ruhig zu sitzen. An sich eine gute Sache angesichts immer steigender Zahlen von ADHS auffälligen Kindern.

Bei näherer Betrachtung fällt aber auf, dass es durchaus Risiken mit sich bringt, massiv in die Entwicklung von Kindern einzuwirken. Um die Zusammenhänge besser zu verstehen ist es wichtig zu wissen, wofür Dopamin im Körper und insbesondere für das Gehirn gebraucht wird.

Dopamin ist ein Hormon, ein Bodenstoff, der in der Substantia Nigra, in einer

speziellen Nervenzellenansammlung im Hirnstamm gebildet wird. Dort findet man auch das größte Vorkommen von Dopamin Hormonen. Der Volksmund spricht auch vom Glückshormon. Dopamin überträgt über Nervenimpulse Aufgaben zu den Nervenzellen. (Neuronen) Das ist für die Funktionen des Gehirns von enormer Wichtigkeit.  (Basalganglien, des limbischen Sytems und dem präfrontalem Cortex).

Was passiert also bei einer klinischen Wirkung?

Durch die Erhöhung von Dopamin wird die Aufnahme an den Synapsen des präfrontalem Cortex  und in den Basalganglien verhindert. Das verursacht durch das massive Eingreifen der zentral wirkenden Stimulanzien ein kompensatorisches Absterben von Dopaminnervenzellen im Gehirn. Die akute Drogenwirkung führt zum Tod von Gehirnzellen. Dabei findet die Gehirnreife über die gesamte Kindheit statt.

Es hemmt und verringert das Gesamtwachstum von Kindern und dadurch auch das wachsende Gehirn.

Ist der Nutzen vielleicht doch mehr ein Schaden, der nicht mehr gut zu machen ist? Oder sind das nur die Pessimisten von vorgestern?

In einem kreativen Schreibprojekt, das ich vor zwei Jahren geleitet habe, hatte ich eine Schülerin, die einerseits in sich gekehrt, geistesabwesend wirkte, aber im nächsten Moment unglaublich aggressiv werden konnte.

Ein derartiges Verhalten hatte ich bis dato noch nie erlebt und nach Rücksprache mit dem Klassenlehrer erfuhr ich, dass das Kind an ADS litt und die Eltern mit zentral wirkenden Stimulanzien versuchten, das zu verbessern. Bei dem Versuch das Kind an das Medikament zu gewöhnen kam es zu toxischen Nebenwirkungen, die das  Verhalten verursachten.

Studien belegen, dass es bei der Einnahme von zentral wirkenden Stimulanzien zu toxischen Wirkungen kommen kann. Dies tritt in 40 % aller Fälle auf. Fachleute sprechen von verschlossen, unfokussierten Auftreten der Probanden, die zombieartig erscheinen. Ich würde es als unberechenbar bezeichnen.

Die Einnahme von zentral wirkenden Substanzen führt zu aggressivem und unsozialem Verhalten, was ich in einem meiner Projekte beobachten konnte. Drei Jungen kreierten zusammen eine Bewegungsabfolge, wobei einer der Jungen extrem nervös und unausgeglichen war. Wie unter einem inneren Zwang. Als sie ihre Abfolge vor der Klasse vortanzten, konnte dieser Junge am Ende der Vorführung  nicht mehr aufhören sich gegen eine Matte zu werfen und fing auch an seine Mitschüler zu beleidigen. Es endete damit, dass der Junge sich einnässte, am Boden liegen blieb und fürchterlich weinte. Das Gespräch mit dem Rektor der Schule ergab, dass der Junge an ADHS litt und zentral wirkende Stimulanzien einnahm, die er jedoch nicht regelmäßig nehmen wollte und es daher zu klinischen Nebenwirkungen kam.

Ein Gespräch mit dem Jungen ergab, dass seine Umwelt ihn so nicht akzeptierte wie er war, er mit Sanktionen rechnen musste, wenn der die Medikamente nicht einnahm, er sich aber nicht mehr spürte, nicht mehr er selbst war, sich wie eine Marionette fühlte und deshalb immer versuchte sie nicht zu nehmen.

Das Gespräch hat mich tief bewegt und ich habe mich gefragt, warum spürt der Junge sich nicht mehr? Warum ist er nicht mehr er selbst? Um das herauszufinden ist es wichtig die betroffenen Areale im Gehirn und ihre Aufgaben näher zu betrachten, die durch eine klinische Wirkung unmittelbar betroffen sind.

Das Limbische System ist verantwortlich für die

  • Verarbeitung von Emotionen
  • Entstehung von Triebverhalten
  • Intellektuelle Leistungen

Der Präfrontaler Cortex ist zuständig für die

  • Integration von Gedächtnisinhalten
  • Emotionale Bewertungen
  • steuert situationsabhängige Handlungen
  • Regulation emotionaler Prozesse
  • Flexibilität im Verhalten
  • Kurzzeitgedächtnis
  • Entscheidungsfähigkeit

Und die Basalganglien brauchen wir für

  • die Motorik
  • Spontanität
  • Affekt
  • Initiative
  • Willenskraft
  • Antrieb
  • Sequenzielles Planen
  • Motorische Selektion

Letzten Endes beeinflusst die Droge alles was uns ausmacht. Von daher die berechtige Frage. Haben wir das Recht Kindern diese Medikamente aufzuzwingen, nur weil sie nicht so sind wie andere, und damit einen irreparablen Schaden an ihrem Gehirn in Kauf zu nehmen?

Bei Studien konnten keine verbesserten Schulleistungen festgestellt werden. Im Gegenteil. Durch die klinische Wirkung werden Verhaltensweisen unterdrückt, die das Lernen erleichtern.

Dazu besteht ein erhöhtes Risiko später kriminell und drogenabhängig zu werden. Denn durch das Absterben von Histaminnervenzellen, Glückhormonen, versuchen die Betroffenen durch andere Stimulanzien dieses Defizit aus zu gleichen.

Die 1998 NIMH Konsens Konferenz (American National Institut for Mental Health)   (staatl. Amerikanisches Institut für geistige Gesundheit), ergab keinen Hinweis auf eine Gehirnstörung als Ursache  – die ADHS auslösen kann. Was die Einnahme von zentral wirkenden Stimulanzien vielleicht rechtfertigen würde.

Auch die nachfolgende Studie 2007 MTA  Studie (Multimodal  Treatment) Approach = multimodaler Behandlungsansatz  Prof. William Pelham erklärte dazu: https://youtu.be/NpSZKoPHjcY

„Es gibt keine Hinweise, das Medikation auf lange Sicht besser  ist, als keine Behandlung, dass sollte man den Eltern und Lehrern eindeutig klar machen.“

Nach drei Jahren ist die gute Wirkung verflogen. Der Schaden ist groß.

In diesem Zusammenhang müssen wir begreifen, dass die schnelle Pille, um ein Problem in den Griff zu bekommen, nicht immer hilft. Defizite sind nicht immer angeboren, sondern treten auch in einer sich immer schneller verändernden Gesellschaft auf. Die Lebensumstände, die Umweltbelastung, die Ernährung. All das sind Faktoren, die in den Organismus von Heranwachsenden, aber auch Erwachsenen eingreift und ihn schädigen können. Darauf müssen wir regieren. Gerade auch im Hinblick darauf, dass immer mehr Menschen von ADHS, ADS, oder anderen Aufmerksamkeitsstörungen betroffen sind.

Vernünftige Lebensweise und Bewegung kann ein Ausweg sein. Von daher möchte ich Ihnen zum Schluss noch ein Buch empfehlen, das eine Alternative zur Droge Ritalin sein könnte.

Dr. Harald Blomberg

Bewegungen, die heilen

Bewegungsprogramm Rhythmic Movement Training (RMT)

  • RMT fördert die gesunde kindliche Entwicklung von Anfang an
  • Hilft Fehlentwicklungen zu beheben z.B. Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom
  • Lese-Rechtschreib-Probleme
  • ADHS – Lern und Verhaltensproblemen
  • Das Buch richtet sich an Erzieher/innen, Lehrer, Physiotherapeuten, Eltern von Kindern mit Entwicklungsstörungen

Weitere Quellen:

Prof. William Pelham erklärte dazu: https://youtu.be/NpSZKoPHjcY

http://www.erziehungsimpulse.at/rueckblick/schipek_rueck.pdf

https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4frontaler_Cortex